Tabak, Wanzen, Knoblauch, Kreuz

(mittel)
Eine ungewöhnliche Zusammenstellung. Worauf läuft das hinaus?
Vieles kann ich ertragen. Die meisten beschwerlichen Dinge /
Duld´ ich mit ruhigem Mut, wie es ein Gott mir gebeut. /
Wenige sind mir jedoch wie Gift und Schlange zuwider /
Viere: Rauch des Tabaks, Wanzen und Knoblauch und Kreuz.
Goethe
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Kommentar

Die Form gebeut gehört zum Verb gebieten, also befehlen, und ist nicht mehr gebräuchlich. Goethe hat dieses kurze Gedicht (Epigramm) nicht selbst veröffentlicht. Wenn Sie es richtig verstehen, wissen Sie, warum er davor zurückschreckte.

Das Kreuz ist natürlich das christliche Kreuz, an dem Jesus starb, um „die Menschheit zu erlösen“. Es in einem Atemzug mit ekligen Tieren und stinkenden Dingen zu nennen, ist etwas blasphemisch.
Und kurios ist auch, dass eine solche irgendwie "idiosynkratische" Abneigung eigentlich, traditionellerweise, für jemand anderen charakteristisch war, und zwar für jemanden, der in Goethes Hauptwerk eine sehr bedeutende Rolle spielt. Wissen Sie, um wen es geht?
Goethezeit

Autor und Werk

Johann Wolfgang Goethe, 1749-1832
Epigramm von 1790.

Lösung

Es geht natürlich um den Teufel - der im "Faust", dem berühmtesten Drama Goethes, Mephistopheles heißt. Der Teufel schreckte höllisch vor Kruzifixen zurück, und gewisse andere teuflische Kreaturen, nämlich die Vampire, mochten bekanntlich den Knoblauch nicht. Also eine interessante Selbststilisierung des Dichters.

Verben

ertragen dulden gebieten
20181002


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