Leserey

(schwer)
Der „Geschmack am Lesen“ hatte sich Ende des 18. Jahrhunderts schon weit verbreitet – mit nicht nur erfreulichen Folgen.
Man lobt den jetzt allgemeiner verbreiteten Geschmack am Lesen, aber hilf Himmel! welch eine Leserey ist das! Sie verdammt sich selbst schon dadurch, dass sie so rastlos nach dem neuen greift, das doch kein wirklich neues ist.
A.W. Schlegel
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Kommentar

Wirklich kultivierte Menschen dagegen, meint Schlegel, haben ihre Handvoll Lieblingsbücher, die es verdienen, wieder und wieder gelesen zu werden: der Homer usw.

Ende des 18. Jahrhunderts war das Lesen, vor allem von Romanen, tatsächlich zu einer weit verbreiteten Leidenschaft geworden. Hundert Jahre früher lasen nur die Gelehrten, das einfachere Volk hatte vielleicht eine Bibel oder ein paar andere fromme Bücher im Haus, oder konnte noch gar nicht lesen.

Bei den viel gelesenen Romanen handelte es sich (natürlich) weniger um die damals entstehenden Werke der deutschen Hochliteratur, sondern meist um „Trivialliteratur“, Romane von geringer Qualität. Warum las (und liest) man so etwas? Was sind die Leser für Menschen?

„Ihr eignes Leben ist unbedeutend und leer: das wollen sie genau so wie es ist, vorgestellt sehen, weil es ihnen denn doch schwarz auf weiß besser gefällt; mit der Neugier, womit man einer Stadtgeschichte nachspürt, verfolgen sie eine durch Bände ausgesponnene gehaltlose Liebeley, und wollen nur in der Schaukel endlos wiederholter Begebenheiten ohne Mühe auf und ab gewiegt seyn.“
19. Jhd.

Autor und Werk

August Wilhelm Schlegel, 1767-1845.
Vorlesungen über schöne Litteratur und Kunst, in den Jahren 1802-1803 in Berlin gehalten.

Links

Kitzelnde Romane

Verben

loben helfen verdammen greifen
20181129


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