Idris und Zenide

(schwer)
Die „Stanze“ ist eine italienische Strophenform, an deren Einführung in Deutschland auch Wieland beteiligt war. So schön kann das klingen.
Wohlan, Madam, wofern es je geschah,
Daß Ihre Tugend sich in einem stillen Haine,
Von Rosen überwölbt – zur Abendzeit – alleine –
Mit einem Freund befangen sah –
Vielleicht beym zärtlichen verführerischen Scheine
Des Silbermonds – nicht wahr, es pochte da
Ich weiß nicht was, wozu der Dialekt der Musen
Noch keinen Nahmen hat, in Ihrem sanften Busen?
Wieland
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Kommentar

Upgedatete Prosa-Version:

Wenn Sie schon mal abends bei Mondschein mit einem Freund an einem schönen, einsamen Ort waren, hatten Sie vielleicht eher erotische Gelüste als romantische Empfindungen – Madame.

Das würde heute niemanden mehr schockieren. Aber zu Wielands Zeiten durfte einer tugendhaften „Madam“ so etwas eigentlich nicht passieren.

Wieland hatte aufgrund dieser und anderer etwas freizügiger Dichtungen einen Ruf wie heute Softporno-Filmer – also nicht bei allen einen guten. Ein paar hochsittsame und hochpatriotische Jünglinge haben sogar seine Bücher verbrannt. Ein Grund mehr, den Patriotismus nicht zu mögen – oder wenigstens die Patrioten.
Aufklärung

Autor und Werk

Christoph Martin Wieland, 1733-1813
Idris und Zenide, 23,80. 1768.

Es geht um Idris, der sich in die freundliche, aber liebesunfähige Zenide (die Feenkönigin) verliebt hat.

In dem schönen (unvollendeten) Gedicht in fünf Gesängen gibt es so viele unmotivierte nackte Busen, dass man die Vorwürfe mancher Zeitgenossen tatsächlich für begründet halten kann – wenn auch falsch begründet.

Links

Ihr naht euch wieder

Verben

geschehen überwölben pochen wissen haben
20190227


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