Trübe Augen | (schwer) | |||
Lesen Sie ein paar Sätze aus einem Brief, der vor 1300 Jahren in „Germanien“ abgeschickt wurde. Ein frommer Mann brauchte etwas zu lesen. | ||||
Außerdem möchte ich euch um einen Trost in meiner Pilgerschaft bitten, nämlich dass Ihr mir das Buch der Propheten übersendet, das mein alter Lehrer Abt Winbert hinterlassen hat. Darin finden sich die sechs Bücher der Propheten mit deutlichen, gesondert stehenden Buchstaben geschrieben. Ihr könnt mir keinen größeren Trost für mein Alter und keinen größeren Lohn für mein Verdienst übersenden. Ein solches Buch bekomme ich nämlich in diesem Lande nicht, und mit meinen trüb werdenden Augen kann ich kleine, dicht nebeneinander stehende Buchstaben nicht deutlich erkennen. Und deshalb bitte ich um das genannte Buch, weil es mit deutlich geschiedenen, gesonderten Buchstaben geschrieben ist. ... Dass Eure Heiligkeit gesund bleibe und für mich in Christus bete, ist mein angelegentlicher Wunsch. | ||||
Bonifatius | ||||
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By Ruggero1 (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons | ||||
KommentarDiese rührende, an den Papst in Rom gerichtete Bitte schrieb ein Mann, der für die deutsche Kulturgeschichte sehr wichtig war – übrigens auf Latein, was damals selbstverständlich war. Deutsche Texte aus seiner Zeit gibt es noch gar keine! (Auch Deutschland gibt es noch nicht – Bonifatius war im „Fränkischen Reich“ aktiv.)Das Foto oben zeigt ein Stück eines Buchdeckels, mit dem sich eine spannende Geschichte verknüpft; für Bonifatius eine tragische Geschichte. Er ging als sehr alter Mann noch einmal auf eine Missionsreise und wurde von heidnischen Germanen überfallen und getötet. Angeblich versuchte er sich mit dem Buch zu schützen. |
Mittelalter | |||
Autor und Werk | ||||
Bonifatius, eigentlich Wynfreth / Winfrid, um 673 in England geboren, 754 oder 755 in den heutigen Niederlanden getötet. Er gilt als „Apostel der Deutschen“, weil er einen so wichtigen Beitrag zur Verbreitung des Christentums in Deutschland geleistet hat. Ihm und manchem anderen Missionar haben die Deutschen also auch zu verdanken, dass das germanische „Barbarentum“ nach und nach durch die höhere orientalisch-antik-christliche Kultur abgelöst wurde. | ||||
Bonifatius | ||||
von Unbekannt [Public domain], via Wikimedia Commons | ||||
Verben | ||||
möchte bitten übersenden hinterlassen finden | ||||
20170306 | ||||
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