Roher Vater

Wo sind wir hier – wenn nicht in einem Horrorfilm?

Die Brüder taten sich zusammen, überwältigten den Vater und verzehrten ihn nach der Sitte jener Zeiten roh.

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Kommentar

Wir sind nicht in einem Horrorfilm, sondern in einem späten Werk eines berühmten österreichischen Wissenschaftlers. Zuvor hatte er geschildert, wie der rohe Vater zu Lebzeiten die Söhne behandelte:

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Pest

Hier wird beschrieben, wie sich während der schlimmsten Epidemie, die Europa je erlebte, die Beziehungen zwischen den Menschen veränderten. – Wissen Sie, wann die große Pest nach Europa kam?

Der Bruder ließ den Bruder im Stich, der Onkel den Neffen, und oft die Frau den Mann; und was noch schlimmer ist und kaum zu glauben, die Väter und Mütter hörten auf, sich um ihre Kinder zu kümmern, als würden sie nicht existieren

Giovanni Boccaccio

Kommentar

Boccaccio beschreibt die Situation in Florenz während der Pest. In diese Zeit hat er die Rahmenhandlung zu seinen berühmten „Novellen“ verlegt. Eine Gruppe junger Menschen flieht vor der Pest aufs Land. Dort erzählt man sich heitere und oft erotische Geschichten. – Und wann war nun das alles?

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Offenkundig infantil

Der berühmte Begründer der Psychonanalyse hat seine Theorie auch auf verschiedenste Kulturerscheinungen angewandt. Können Sie aus folgendem Zitat erschließen, worum es geht?

Das Ganze ist so offenkundig infantil, so wirklichkeitsfremd, dass es einer menschenfreundlichen Gesinnung schmerzlich wird zu denken, die große Mehrheit der Sterblichen werde sich niemals über diese Auffassung des Lebens erheben können

Sigmund Freud

Kommentar

Wer also eine menschenfreundliche Gesinnung hat = die Menschen mag, der bedauert die vielen Menschen, die niemals zu einer vernünftigeren Einstellung zum Leben kommen werden. Aber worum geht es nun, was ist diese Auffassung des Lebens?

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Nützlicher Zirkel

Hilfreich fürs Leseverstehen.

Wir müssen aus den Teilen das Ganze aufbauen, und in dem Ganzen muss doch das Moment liegen, durch welches Bedeutung zugeteilt wird und das sonach dem Teil seine Stellung zuweist.

Wilhelm Dilthey

Kommentar

Es kann wirklich nützlich sein, diesen sogenannten „hermeneutischen Zirkel“ zu kennen und in Prüfungsnotlagen, oder immer wenn es um das Verstehen geht, heranzuziehen.

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Lerne alles

Was soll man lernen?

Lerne alles, du wirst später sehen, dass nichts überflüssig ist; ein eingezwängtes Wissen macht keinen Spaß.

Hugo von St. Viktor

Kommentar

Eine sympathische Empfehlung eines alten französischen Abtes – er mag schon damals, wie wir heute, keine „Fachidioten“.

Autor und Werk

Hugo von St. Viktor, um 1097-1141

Hugo von St. Viktor schreibt sein Didascalicon. Buchmalerei in der Handschrift Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Vulcanius 45, fol. 130r (14. Jahrhundert)
Aus: Wikipedia

Didascalicon 6,3

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Käfer

Ein Mann wacht morgens auf und stellt eine sehr ungewöhnliche Veränderung an sich fest.

Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.

Franz Kafka

Kommentar

„Ungeziefer“ sind eben Käfer, Spinnen usw., „ungeheuer“ = riesig.

Ob eine Geschichte, die so schlecht anfängt, gut ausgehen kann?

Autor und Werk

Franz Kafka (1883-1924), einer der „Klassiker der Moderne“, lebte in Prag.

Das ist der erste Satz aus einer der bekanntesten Erzählungen von Kafka, nämlich aus „Die Verwandlung“, 1912 entstanden. Und eine Geschichte, die so spannend anfängt, wollen Sie sicher selbst zu Ende lesen: Die Verwandlung.

-> ATL

Goldene Regel

Eine einfache, universale, eigentlich sehr nützliche Verhaltensregel – an die sich merkwürdigerweise trotzdem niemand hält.

Was du nicht willst, dass man dir tu,
das füg auch keinem andern zu.

Spruch („Goldene Regel“)

Kommentar

Diese „Goldene Regel“ gibt es, in variierter Form natürlich, in vielen Kulturen bzw. Religionen.

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Warum (nicht) Europa? (1)

Einige Fragen zum Thema Europa.

Die Europäer – oder Westler – befassen sich schon ziemlich lange mit der Frage, weshalb – wie sie glauben – die moderne Welt gerade in Europa angefangen hat.

In klassischer Form hat die Frage der berühmte Soziologe Max Weber formuliert. Wie kommt’s, fragt er, in einem ziemlich langen und schwierigen Satz, den wir nicht wörtlich wiederzugeben brauchen, wie kommt es, dass gerade im Westen bestimmte Phänomene zuerst aufgetreten sind, die sich dann in der ganzen Welt verbreitet haben: der Kapitalismus, die modernen Nationalstaaten mit ausgebauter Bürokratie, die Industrialisierung, aber auch die perspektivische Malerei, die mehrstimmige Musik, und Einiges mehr. (Die Weber-Frage finden Sie hier auf meiner Webseite: Warum Europa?)

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Gesellschaft ohne Religion

Welche Art von Gesellschaft gab es noch nie?

… es gab noch nie eine menschliche Gesellschaft, deren allgemein und von allen geteilte Kultur nicht religiös war.

Hanegraaff

Kommentar

Jedenfalls „bis zur Aufklärung“, meint der Autor. Wir, der Westen seit dem 18. Jahrhundert, leben also in der ersten derartigen Gesellschaft. Irgendwer muss ja mal anfangen.

Allerdings auch wieder nicht der ganze Westen. Wissen Sie, für welches ziemlich wichtige Land des Westens diese Aussage gar nicht zutrifft?

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Gerüchte

Anna wurde schon zum zweitenmal zusammen mit Jörg gesehen …

So gibt es z.B. keine Art von Gerüchten, die so leicht entsteht und sich – vor allem auf dem Land und in Provinzstädtchen – so schnell verbreitet, wie Gerüchte über Heiraten. Zwei junge Leute brauchen sich bloß zweimal zu sehen, und schon sind sie in den Augen der Nachbarschaft ein Paar.

Das Vergnügen, eine so interessante Neuigkeit weiterzuerzählen, der Erste zu sein, der sie berichtet, verbreitet die Kunde. Das ist so bekannt, dass kein vernünftiger Mensch solchen Berichten Beachtung schenkt, bis er sie durch größere Evidenz bestätigt findet.

David Hume
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