Neulich habe ich dem Kurs erklärt, was Feuilleton bzw. Feuilletonsprache ist und wo der Unterschied zu beispielsweise populärwissenschaftlichen Sachtexten liegt. Zum Glück war es ein Deutschkurs auf Niveau B2, mit Leuten, die im Leben noch nie was Feuilletonistisches gelesen haben, überhaupt nie eine Zeitung in die Hand nehmen, dem ich diese Dinge erklären musste, denn sie haben schnell alles verstanden. Hätte es sich um eine Versammlung von DaF-Lehrwerk-AutorInnen gehandelt, wäre ich jetzt noch nicht fertig mit Erklären.
Feuilleton ist „nichts Nützliches“, darauf haben wir uns nach kurzer Beratung geeinigt. Wozu schreibt man es dann? Um zu unterhalten. Wie macht man das? Durch Sprachwitz z.B. Was heißt Sprachwitz? Sprache in vom Vertrauten abweichender Form verwenden, „nicht normal“, anspielungsreich, sehr viel kulturellen Kontext voraussetzend, sehr subjektiv usw.
Feuilleton ist insofern ideale Lektüre für Lernende, die noch größte Mühe damit haben, auch nur das „Nützliche und Normale“, nicht Witzige, Ironische, eigentlich Gemeinte, keinen Kontext Voraussetzende usw. zu verstehen. Denn so ist bombensicher garantiert, dass der Einzige, der im Unterricht den Mund aufmacht, die Lehrperson ist, die jedes einzelne Wort im uneigentlichen Kontext erklären darf, bis ihr der Kurs wegkippt. Dass dieser Satz „ironisch“ gemeint war, hätte übrigens kein Teilnehmer aus meinem C-1-Kurs verstanden. Es ist schon schwierig genug, den Begriff Ironie zu erklären.
„Aber gerade weil es so schwierig ist, sollen sie es doch lernen! Unsere Teilnehmer sollen auch Subtexte verstehen, zwischen den Zeilen lesen können, erproben und erfahren, was wirkliche Kommunikation ausmacht, spannend macht, auch Herz und Gefühl anspricht, statt nur schnöde Realitäten abschildern und Jobcenterformulare ausfüllen zu können …“
Eine Art pädagogisches Gutmenschentum. Man hat wirklich bei manchen Prüfungsaufgaben den Eindruck, dass sie aus einem platonischen Didaktik-Ideenhimmel auf die Erde niedergestiegen sind und hier einfach nicht richtig heimisch werden können. Was haben wir nicht alles für gute Vorsätze und Absichten für unsere Lernenden; nur die eine, ihnen ordentliches Deutsch beizubringen, scheint wegen Trivialität ein für alle Mal unter den Tisch gefallen zu sein. Oder wegen Unergiebigkeit; weil es zwar gar nicht so schwer wäre, weil man damit aber keine Expertengremien füttern und durchfüttern kann, die die didaktischen Grundlagen für das nächste noch blödere DaF-Lehrwerk oder für die nächste C-1-Prüfung mit dann wahrscheinlich negativer Erfolgsquote schaffen.
Na gut, ich bin’s zufrieden, dass ich mich nicht mit unbelehrbaren Expertenzirkeln über solche Fragen zu streiten brauche, sondern vernünftig mit meinem Kurs über Feuilletonsprache reden kann und ihm bestätigen, dass er zu Recht sauer ist, dass man ihm solches Zeug in der Mittelstufe vorsetzt, obwohl es in die Oberstufe gehört.