Der Mensch und die höheren Mächte
Fatalismus ist der Glaube, dass man gegen manche unangenehmen Dinge im Leben einfach nichts tun kann. Als Einzelner nicht, gemeinsam mit anderen nicht, als Menschheit nicht. Fatalismus ist der Glaube an die höhere Macht des Schicksals; und so heißt Schicksal nicht zufällig auf Lateinisch fatum.
Fatalisten neigen also dazu, Dinge als unvermeidbar zu betrachten, die für andere Menschen eine Herausforderung bedeuten. Die einen legen die Hände in den Schoß und warten, was kommt; die anderen überlegen, was man tun kann und werden aktiv. Um welche Art von Dingen geht es? Man braucht nicht lange, um sich ein paar einfallen zu lassen. Versuchen Sie’s, und vergessen Sie dabei die große Pandemie nicht.
Denn das Verhalten vieler Menschen in der gegenwärtigen Krise lässt sich nur durch Fatalismus erklären. Seuchen gibt’s seit jeher, sie gehören zur Grundausstattung der immer gefährdeten menschlichen Existenz. Also hat es nicht viel Sinn, sich dagegen zu wehren usw.
Das Problem ist nur, dass solcher Fatalismus zwar irgendwie tröstlich und für passive und denkfaule Gemüter ohnehin der angenehmste Daseinsmodus ist; dass er aber den Einzelnen nicht von seiner Verantwortung für die anderen befreit. Wer die Möglichkeit hat, andere zu schützen, darf sich nicht auf das Schicksal berufen, wenn er es unterlässt. Fällt das Kind ins Wasser, soll ich nicht sein Schicksal beklagen, sondern zur Rettung schreiten.
Offenbar kann man sich als Mensch nicht einfach den höheren Mächten hingeben: dem Schicksal, wie die Fatalisten, der Geschichte, wie die Marxisten, dem unerbittlichen Recht des Stärkeren, wie die Nazis, ohne gegen fundamentale ethische Normen zu verstoßen. Die Verantwortung lässt sich nicht nach oben delegieren.
Was ist Fatalismus? Flucht vor der Verantwortung, Aufkündigung der Solidarität unter den Menschen – und dazu noch ziemlich dumm. Vergessen Sie die Maske nicht.