Was ist ein Spießer?

Über einen vielleicht nicht nur deutschen Typus und die Schwierigkeit, ihn zu identifizieren.

Was ein Spießer ist, ist eigentlich keine sehr wichtige Frage, aber doch eine lehrreiche. Es lässt sich daran zeigen, wie schwer es sein kann, sich in einer fremden Kultur begrifflich zu orientieren.

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Zauberspruch

Was tun Sie, wenn ein Feind Ihre Freunde gefangen hat? Kennen Sie einen guten Zauberspruch, um sie zu befreien? Wenn nicht, versuchen Sie es mit diesem:

Eiris sazun idisi, sazun hera duoder,
suma hapt heptidun, suma heri lezidun,
suma clubodun umbi cuoniouuidi:
insprinc haptbandun, inuar uigandun!

(Alte Hexen)
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Vergleiche

Ein Problem der DaF-(Lehrwerk-)Grammatik ist ihr Konservatismus (freundlich ausgedrückt). Vieles darin schmeckt irgendwie noch nach Lateinunterricht, nach einer zweitausend Jahre alten „Schulgrammatik“. Man findet darin keine Entwicklung, keine originellen Ansätze; nicht einmal da, wo die tradierte Darstellung Fehler geradezu provoziert.

Ein Beispiel ist die grammatische Realisierung von Vergleichen. Fragt man in einem B-2-Kurs Gleichsetzungskonstruktionen ab, erhält man fast immer falsche Antworten. Probieren Sie’s selbst. Wie formuliert man Folgendes elegant als Vergleich?

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Die AfD und die „Deutschen“

Oder: extrem(istisch)e Komplexitätsreduktion

Alle nur ein wenig komplexeren Abläufe oder Situationen lassen sich auf vielfältige Weise beschreiben. Von einem gemeinsamen Waldspaziergang werden zwei Menschen ziemlich unterschiedliche Berichte geben. Zwei Beschreibungen derselben Straßenszene fallen sicher verschieden aus. Und wenn erst noch Wertmomente ins Spiel kommen, werden aus perspektivischen Differenzen leicht konfliktträchtige Meinungskonstraste. In der Frage zum Beispiel, ob eine gegebene soziale Ordnung gerecht ist, also alle Mitglieder der Gesellschaft fair behandelt, wird sich niemals Einigkeit erzielen lassen. Keine Beschreibung der Gesellschaft wird je allseits konsensfähig sein, und wenn sie es wäre, könnten sich doch nie alle auf eine gemeinsame Beurteilung des gegebenen Zustands verständigen.

Was es durchaus geben kann, ist aber ein Konsens im Negativen, also solche Beschreibungen, die für jedermann erkennbar inadäquat sind. Jedenfalls glaubte man das bis zur Präsidentschaft Trump. Aber selbst Trump und seine Fans würden, im Konsens mit allen AmerikanerInnen, kein Bild akzeptieren, in dem ihr Land als von Nomadenstämmen durchzogene Steppe dargestellt ist – auch wenn es einzelne „Nomaden“ auf vier Rädern geben mag.

Es muss also doch Beschreibungen von Gesellschaften geben, die näher bei der Wahrheit sind als andere, auch wenn man diese – die Wahrheit – nie ganz zu packen bekommt. Ob bestimmte Beschreibungen akzeptiert werden, hängt aber nicht nur von ihrer Realitätsnähe ab. Auch ziemlich absurde Lagebilder haben Chancen, sich durchzusetzen, wenn sie nur gewisse Bedürfnisse eines bestimmten Adressatenkreises befriedigen.

Die allerprimitivsten von diesen „Narrativen“ findet man im rechten ideologischen Lager. Das politische Geschehen stellt sich dort als Daseinskampf eines Kollektivs dar, nämlich der sogenannten „Deutschen“, die aber mit real existierenden Menschen des 21. Jahrhunderts nichts zu tun haben. Man denkt sie sich eher nach dem Muster eines alten Germanenstammes. Ihre politische Umwelt bilden andere, feindlich gesinnte Mächte – damals die Römer oder andere Völker oder die Götter, heute die Eliten, das System, die Altparteien, die Juden, die EU, Bill Gates usw. Diese zusammen oder ein paar davon sorgen mit allen möglichen unfairen Mitteln dafür, dass „die Deutschen“ gegenüber allen anderen bei jeder denkbaren Gelegenheit benachteiligt und übervorteilt werden. Vor allem stopfen die Götter usw. nämlich den Ausländern alles mögliche hinten rein, was „den Deutschen“ vorenthalten wird. So kriegen sie, die „Ausländer“ also (in Anführungszeichen, weil auch diese, so wie die Rechten sie darstellen, mit real existierenden Menschen nicht das Geringste zu tun haben), viel leichter eine Wohnung oder einen Job und leben überhaupt, wahrscheinlich dank ihrer Götter- oder Eliten- oder Bill-Gates-Nähe, trotz und mit ALG 2 wie im Paradies.

Man erkennt leicht, wie angenehm solche „Komplexitätsreduktion“ fürs Gemüt / die Psyche ist. Erstens ist man geborgen in der eigenen, verfolgten Gruppe, gehört so richtig innig wo dazu. Zweitens steht man im Zentrum der Welt, da ja alle Feinde ständig den Blick auf einen geheftet haben, als wären es lauter hypnotisierende Schlangen um ein armes Kaninchen herum. Schließlich braucht man für die eigene Misere kein Quentchen Verantwortung zu übernehmen, weil man ja gegen die Übermacht der Anti-„Deutschen“-Verschwörung ohnehin nicht die geringste Chance hat. „Die Deutschen“ sind also ein völlig imaginäres ideologietriefendes Kunstprodukt einerseits, ein unübertreffbarer geistig-moralischer Komfort- und Wellnessort andererseits, und gehören insofern eigentlich in die Trivialliteratur bzw. in die Bewegungstherapie, haben sich aber leider in die Politik bis hinein in den deutschen Bundestag verirrt.

Lokamote

Wenn Sie im Unterricht immer gut aufgepasst haben, müssten Sie sich über folgenden Satz wundern:

Ich hab in Italien wegen der häufigen Restaurantbesuche in drei Wochen zwei Kilo zugenommen.

Warum wundern? Weil es nicht ins „tekamolo“-Schema passt, das bei Deutschlehrern so beliebt ist, dass sie es stunden- und tagelang erklären und üben lassen. Und hier wie so oft in DaF wundert man sich, dass niemand bemerkt, dass es erstens oft nicht stimmt und dass es zweitens ziemlich nutzlos ist.

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Montaigne Mutmaßungen

Es heißt, seine eigenen Mutmaßungen sehr hoch einschätzen, wenn man ihretwegen einen Menschen bei lebendigem Leib verbrennen läßt.

Montaigne

Kommentar

Montaigne lebte im späteren 16. Jahrhundert, als die Hexenverfolgungen in Europa ihren Höhepunkt erreichten. Waren die Hexenjäger wirklich immer ganz sicher, dass ihre Opfer Hexen waren? Oder mussten sie ihre Überzeugungen nicht als bloße „Mutmaßungen“, also Annahmen, erkennen, derentwegen man nicht andere Menschen zu Tode bringen darf?

Autor und Werk

Michel de Montaigne, 1533-1592

Was wir von Zimmerpflanzen lernen können

Und was nicht.

Viele schöne Zimmerpflanzen schmücken unser Klassenzimmer, die auch gepflegt sein wollen; wenigstens ab und zu gegossen. Von wem? Es gibt keine Regeln. Wer grade dran denkt, gießt. Das Problem bei einer solchen anarchischen Nichtregelung ist, dass man nie weiß, ob schon gegossen wurde oder nicht. Also muss man mit dem Finger prüfen, wie feucht die Erde ist.

Neulich prüfen ich und ein Teilnehmer gleichzeitig und verkünden gleichzeitig das Ergebnis – nur nicht das gleiche. „Trocken“, sagt er, „gießen!“ – „Feucht“, sage ich, „braucht nix.“

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Hitler spricht ein Wort falsch aus

Über wichtige Regeln zur Aussprache deutscher Vokale – und weshalb Hitler sich nicht immer daran hielt.

Sie wissen (hoffentlich), dass man bei der Aussprache der deutschen Vokale auf die Länge achten muss. Das e in wen ist lang, in wenn kurz; hassen hat kurzes a, Hasen langes. Es ist gar nicht selten, dass sich, wie in diesen Beispielen, zwei Wörter (fast) nur durch die Länge des betonten Vokals unterscheiden. Man wird also leicht missverstanden, wenn man nicht aufpasst. Und Lehrer müssen immer wieder an das Problem mit der Vokallänge erinnern, weil es in vielen Sprachen nichts Vergleichbares gibt. Genauer: es gibt die langen Vokale nicht, weshalb der übliche Fehler kurze Aussprache langer Vokale ist.

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